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MÜLLER MISSES NEXT MATCH

Beim WM-Finale 1990 durch Foulelfmeter das 1:0 gegen Argentinien – Deutschland wurde Weltmeister! 2006 ein Viertelfinale gegen Argentinien. Keine Entscheidung nach normaler Spielzeit und Nachspielzeit, mit 1:1 ging es ins Elfmeterschießen. Deutschland gewann mit 5:3, Argentinien flog aus der WM. Das WM-Viertelfinale am Samstag, den 03.07.2010, versprach, spannend zu werden – nicht minder natürlich durch die Niederlage der deutschen Elf gegen Maradonnas Trup vier Monate zuvor beim WM-Vorbereitungsspiel (1:0) in München.

Motivation genug, um an die positive Erfahrung vom Vorrundenspiel gegen Ghana anzuknüpfen, und erneut die Thumb Plaza aufzusuchen. Dieses Mal waren wir neun Leute, die Hälfte davon Familie, und entschieden uns nicht für die Coconut Bar, sondern für Malone’s American Bar. Zu Anfang noch skeptisch, ob wir auch hier echte Fußball-Stimmung erleben würden, zeigte sich schnell, dass die frühere Uhrzeit (22 Uhr) und die größere Bedeutung der Partie ideale Voraussetzungen waren für ein wahrhaft mitreißendes Public Viewing. So fanden sich neben einigen Argentinien-Fans ein ganzer Haufen Deutschland-Fans in den zwei Etagen der Bar ein und schon in der 3. Minute übertraf die Lautstärke in der Bar jene der Vuvuzelas der Live-Übertragung. Und während wir in unseren Deutschland-Trikots und der Whisky-Flasche vor uns jedes deutsche Tor (und das argentinische Abseits) mit heftigem Wedeln unserer kleinen Fahne unterstrichen, rückten Jogis Mannen dem Halbfinale Stück für Stück näher. Auch die Stimmung wurde zunehmend ausgelassener. Gesänge wie „Einer geht noch, einer geht noch rein!“, „Lukas Podolski…“ und „Ihr könnt nach Hause fahr’n…“ ließen einen fast vergessen, wo es einen hin verschlagen hat. Der geeignete Abschluss des 4:0 kam in Form von „We are the Champions“, live gespielt von der hauseigenen Band.

Kleiner Wermutstropfen: MÜLLER MISSES NEXT MATCH!! Wenigstens verpasst es der Rest der Mannschaft nicht…

Wir lernen:

zúqiú

heißt:

Fußball

Deutschland: Sieg und Niederlage in Südafrika

Der Viertelfinalsieg gegen Argentinien war der Sonntagsausgabe der englischsprachigen Shanghai Daily eine halbe Titelseite wert – Jogis Freudensprung beim dritten Tor gegen einen gebeugten Diego mit verschränkten Armen.

Weiter hinten in der Zeitung dann näheres. Deutschland habe Argentinien zerschmettert mit glänzendem offensivem Fußball. „Wie Champions“ sollen Löws Jungs seiner Aussage nach gespielt haben: „Das Team hat heute fast alles perfekt gemacht.“ Sogar die Kanzlerin ist in einem ihrer wenigen gutgelaunten Momente der letzten Zeit abgebildet, begeistert klatschend nach dem 4-0.

Als die Sonntagsausgabe veröffentlicht wurde, kamen noch Spanien und Paraguay als Gegner im Halbfinale in Frage, aber alle Welt rechnete bereits mit der Elf von der iberischen Halbinsel. Ein starker Gegner, sogar „das beste Team der Welt“, wie Bastian Schweinsteiger direkt nach dem Viertelfinale festgestellt habe.

Es wurden die Spanier und sie waren besser. 350.000 Zuschauer an der Siegessäule in Berlin und 50.000 im Olympiastadion in München seien erschüttert gewesen. Nach den Leistungen der letzten Wochen habe man überall in Deutschland Menschen ihre Autos in schwarz, rot und gold hüllen und riesige Fahnen aus den Fenstern hängen sehen. Das dynamische junge Team mit elf Spielern aus Immigranten-Familien sei ein starkes Symbol der Integration und eines modernen Deutschlands.

Reaktionen aus Deutschland, zusammengefasst durch Shanghai Daily:

Es ist aus! Deutschland trauert.“ – Bild Online


Die Euphorie war so groß und jetzt ist die

Enttäuschung sogar größer.“ – Deutscher Fan

.

Aus der Traum“ und „Caramba, war Spanien gut.

Sie haben verdient gewonnen.

Aber wir sind stolz auf unsere Jungs.“ – Bild

.
.
„Dieses junge Team spielte sich in unsere Herzen,
eher mit Eleganz als mit Drang.
Das multikulturelle Team hat Deutschland verändert.
Wir waren ein Land der Beschwerer und Pessimisten.
Wir sind jetzt ein anderes Land.“ – Die Welt
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Es ist unmöglich sich nur zu verbessern. Nach England und Argentinien wäre es einfach zu unglaublich gewesen, wenn es noch eine weitere Verbesserung gegen Spanien gegeben hätte.“ – Günter Netzer

Deutschland: Das Tintenfisch-Orakel

Mit der Überschrift „Mit 8 Armen wählt er nur Gewinner“ schafft es Paul, zwei Jahre, wohnhaft im Sea Life-Aquarium in Oberhausen, immerhin auf Seite 3 der englischsprachigen Shanghai Daily im fernen Orient. Er sei während der WM zunehmend zu Deutschlands Medienliebling avanciert, bis er die Niederlage gegen Spanien im Halbfinale prophezeite und damit auch noch Recht behielt. Die meisten Deutschen sähen ihn seither am liebsten fritiert und in Knoblauchbutter – eine Vorstellung, die auch von den meisten Chinesen, wenn auch aus anderen Gründen, geteilt werden dürfte. Ein Berliner Fan kommt in diesem Zusammenhang sogar mit seinem Rezept in die Presse an der ostchinesischen Küste: „Nichts geht über gegrillten Tintenfisch! Schneidet ihn in Streifen und grillt ihn von allen Seiten, mit einem Spritzer Zitronensaft, Olivenöl und Knoblauch. Köstlich!“ Obwohl wir normalerweise kein abergläubisches Volk seien, habe die Vorhersage von Paul das Land schockiert, nachdem er doch schon so oft richtig gelegen hatte. Die Tageszeitung zitiert den Berliner Kurier: „Werft ihn in die Bratpfanne!“ Die Welt, Süddeutsche Zeitung, Hamburger Abendblatt und andere seien ähnlicher Meinung gewesen.

Trotz der aufgeheizten Stimmung sei Paul laut eines Sprechers des Sea Life Oberhausen nicht in Gefahr, es liege noch eine spannende Zukunft vor dem achtarmigen Star. So habe er nun für das WM-Endspiel Spanien gegen Niederlande zum ersten Mal den Ausgang eines Spieles ohne deutsche Beteiligung orakelt – live übertragen von Fernsehstationen in Deutschland, Spanien und den Niederlanden!

Deutschland – Ghana

Keine Ahnung von Fußball, aber das 4:0 gegen Australien im Irish Pub war trotzdem ein Genuss. Von der Niederlage gegen Serbien wurde uns erst am nächsten Tag berichtet – Live-Fußball-Übertragungen sind Mangelware auf Langstreckenflügen mit China Eastern (möglicherweise nicht nur dort). Die äußerst drückende Hitze und sensationell hohe Luftfeuchtigkeit um neun Uhr morgens auf dem Weg vom Flughafen Shanghai-Pudong-International zu unserer Wohnung an der Dongfang Lu, haben den Schock über das Abschneiden der deutschen Elf zugegebenermaßen etwas überschattet.

Am 24. Juni um 2:30 Uhr hieß es dann aber wieder: MITFIEBERN – GEGEN GHANA!!

Mit einheimischer Familie – Cousin und Cousine – machten wir uns auf den Weg IRGENDEIN Public Viewing zu finden. Auf der Thumb Plaza in Pudong wurden wir fündig. Leinwände waren aufgestellt mit ausreichend Sitzmöglichkeiten, umringt von den verschiedensten Bars, Restaurants und Geschäften. Man kann sich kaum vorstellen, welches Leben dort bei einem spannenden Fußballspiel herrscht – oder besser herrschen muss. Denn nach dem 22 Uhr Spiel ist Feierabend. Bei unserer Ankunft um halb eins, war nur noch ein einzelner, einsamer, verlassener Mann mit dem Aufräumen beschäftigt. Die gute Nachricht: nur wenige Meter daneben fanden wir eine Bar mit großem Flachbildschirm auf der kleinen Terrasse. Außerdem stießen wir dort auf zwei Deutsche, die uns mit Blick auf unsere Fußball-Trikots direkt an ihren Tisch einluden, auf einen Schweizer (zwei Tage vorher gegen Chile verloren – das arme Schwein) und einen überaus betrunkenen Engländer (im vorangegangenen Spiel gegen Slowenien gewonnen). Die Gesellschaft gestaltete die zwei Stunden Wartezeit bis zum nächsten Spiel kurzweilig und das Spiel selbst sehr emotional. Es war ein feucht fröhlicher Morgen, bis etwa 05:00 Uhr. Aber: Abgerechnet wird am Schluss! Kein Kurzer unter 30 Yuan (ca. 3,10€) und entsprechend teuer waren auch die Longdrinks und Biere, die auf unserer Rechnung ganz gut zu Buche schlugen. Wenigstens trugen Deutsche und Schweizer (der Engländer hatte sich zwischenzeitlich verabschieden müssen) zur Finanzierung unseres Abends bei, indem sie die Wette über den Spielausgang gegen uns verloren – schließlich trugen wir die Fußball-Outfits. Ausgenommen der kurze Augenblick des Trikot-Tausches nach dem erlösenden Tor.

Fazit: Die Thumb Plaza mit ihren zahlreichen deutschen Anwohnern war eine schöne Überraschung in der Ferne und ist einen abendlichen Besuch wert – THUMBS UP!!

Das Achtelfinale ruft! Wir lernen:

Déguó – Yīngguó

heißt:

Deutschland – England