Von Japan nach Irland in acht Stunden

Karten für die EXPO bekäme man an sich überall in Shanghai – wären sie nicht im allgemeinen ausverkauft. Aber wir haben unsere Karten gefunden und warum man direkt an der EXPO keine bekommt, haben wir am folgenden Tag auch verstanden. Denn sollte an allen neun Eingängen so viel Betrieb herrschen, wie am Eingang Nr. 4, dann gibt es vor Ort tatsächlich keine Kapazitäten für Kartenverkauf, eine Erklärung, die am Vortag noch seltsam anmutete. An diesem Morgen mussten wir nämlich bereits vor dem Betreten des EXPO-Geländes gut 15 Minuten anstehen, um den Sicherheitscheck passieren zu können.

Unser erstes Ziel, der japanische Pavillon, war derart gut besucht, dass wir uns entschieden, es vorerst bei einer Außenansicht zu belassen, und uns dem südkoreanischen Pavillon zuzuwenden. Als unwillkommene Überraschung sollte sich dort die Wartezeit von etwa 2,5 Stunden herausstellen. War die Warteschlange außerhalb des Gebäudes bereits unerfreulich lang, so sollte sich der versteckte zweite Wartebereich im Inneren als noch größer erweisen. Einzig dort war es allerdings auch, wo uns fröhliches buntes koreanisches Leben begegnet ist, als auf der anderen Seite der „Wartehalle“ eine stimmungsvolle musikalische Vorführung mit vielen trommelnden Frauen gezeigt wurde. Leider waren wir nur Zaungäste, denn eigentlich richtete sich die Darbietung an Zuschauer auf einer Tribüne mit einem separaten Zugang – und separater Warteschlange. Der Pavillon selbst hatte dann außer einiger technischer Spielereien nicht viel zu bieten.

Auf dem Weg zum australischen Pavillon kamen wir auch an jenem der Vereinten Arabischen Emirate vorbei. Wie faszinierend dessen Inneres genau ist, werden wir vermutlich nie erfahren. Statt dessen konnten wir die zugehörige Warteschlange bestaunen. Man munkelt, dass man sich dort bis zu neun Stunden aufhalten kann, bevor man sein Ziel erreicht hat. Die Hinweisschilder jedenfalls warnten vor fünf Stunden Wartezeit, als wir das Ende der Schlange passiert hatten.

Vor dem australischen Pavillon mussten wir ungefähr eine dreiviertel Stunde ausharren, die Hälfte davon im Regen, bis wir Gelegenheit hatten, uns von den Menschenmassen ins Innere schieben zu lassen, vorbei an zahlreichen Szenen und Figuren, die liebevoll die australische Geschichte bis hin zur Gegenwart karikierten. Das Ziel war ein im Zentrum des Gebäudes gelegenes Amphitheater, in dem uns eine effektvolle Clip Show präsentiert wurde. Die reizvollen Bilder aus Städten und Outback wurden präsentiert von zwei Kindern, die uns so das Leben in den beiden gegensätzlichen Landesteilen näher brachten. Lediglich der Abschnitt zur Stadtentwicklung, der mit einem unentwegten Singsang der Zeile „Building Better Worlds“ unterlegt war, erinnerte leicht an Gehirnwäsche.

Der thailändische Pavillon bot uns eine drei geteilte Filmvorführung, von der insbesondere der dritte Teil – eine 4D-Vorstellung – auf große Begeisterung des vornehmlich chinesischen Publikums stieß. Die 3D-Effekte sorgten nicht nur bei den Kindern für große Aufregung – der auf einen zu schwimmende Weiße Hai ließ mehrere Besucher kurz aufschreien. Vor allem wegen der langen Wartezeiten hatten wir uns von allen drei Teilnehmerländern mehr erwartet, aber komplett enttäuscht hat uns an diesem Tag nur der irische Pavillon, der steril und ungastlich schien – ganz anders, als man sich das Land selbst vorstellt. Zumindest mussten wir nicht lange anstehen! Anders als die Besucher des deutschen Pavillons, der offenbar zu den beliebteren gehört.

Rückblickend war wohl das kurze Gespräch mit einem Mitarbeiter des australischen Pavillons, der uns spontan ansprach und einige Meter durch das Gewühl begleitete, besonders interessant: Wir seien zwei von circa 60.000 nicht-Asiaten, die im Schnitt pro Tag die EXPO besuchten und die etwa 1,5 Prozent des Gesamtpublikums ausmachten. Kann hinkommen – am Vortag hätten laut Anzeige in der Metro etwa 450.000 Menschen die Weltausstellung besucht.

Wir lernen:

liùwàn

heißt:

sechzigtausend